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Das Autismus-Zentrum Südbaden schließt

Sonja Pöhlitz, Therapeutische Leitung Dipl.-Sozialpädagogin (FH) Foto: Autismus-Zentrum

Das Zentrum für Autismus-Kompetenz Südbaden (ZAKS) muss Ende des Monats schließen. Zuletzt war es immer mehr in finanzielle Schieflage geraten. Im Gespräch berichtet die therapeutische Leitung Sonja Pöhlitz über Alternativen und die Vorteile von Kompetenzzentren beim facettenreichen Thema Autismus.


Ende August schließt das ZAKS. Wie kam es dazu?

Pöhlitz: Die Ursachen sind vielfältig. In der Vergangenheit hat unsere Geschäftsführung zu wenig Controlling ausgeübt, also nicht genau genug berechnet, wie viele Therapien zu welchem Satz gemacht werden müssen, um das Unternehmen tragfähig zu halten. Dadurch sind wir immer weiter ins Minus gerutscht. Trotz eines Sanierungsplans konnte in den Verhandlungen mit den zuständigen Ämtern kein Konsens für höhere Sätze gefunden werden: Der Satz pro Therapiestunde war einfach zu niedrig.

Auch inhaltlich gab es Differenzen. So gilt für uns Qualität vor Quantität. Andere machen die Arbeit vielleicht billiger, aber mit einem begrenzten Angebot. Oder sie können ihren ambulanten Bereich durch andere Bereiche querfinanzieren oder zahlen ihre Mitarbeiter nicht tarifgerecht.

Inhaltlich gab es Differenzen, zum Beispiel bei der Eltern- und Umfeldarbeit: Autismus ist sehr komplex. Es reicht nicht aus, Einzeltherapien mit den Kindern zu machen. Es braucht den Transfer nach Hause und ins Umfeld des Kindes, um dazu beizutragen, dass jedes Kind so gut wie möglich in seinem persönlichen Rahmen selbstständig werden kann.


Wer sind Ihre Patientinnen und Patienten und wo können sie nun Hilfe finden?

Pöhlitz: Autismus ist eine Spektrumstörung und damit extrem vielfältig. Wir haben bei uns schwerst mehrfachbehinderte Kinder, bei denen der therapeutische Aufwand extrem hoch ist.

Andere dagegen haben eine hohe Intelligenz, meistens Asperger-Autisten. Damit gehen häufig komorbide Störungsbilder einher: Depressionen, Selbstverletzung, Suizidalität. Für diese extremen Fälle gibt es meines Erachtens wenige, die das auffangen können.

chwierig wird die Situation auch für autistische Mädchen – diese werden sehr oft fehldiagnostiziert, weil sie sich sehr gut anpassen können und ihre Symptome, um nicht aufzufallen, nach außen verschleiern.

Wie geht es für Ihre Mitarbeiter weiter?

Pöhlitz: Wir haben unsere Mitarbeiter schon immer tarifgerecht bezahlt – das ist anderenorts oft nicht der Fall. Zurzeit bewerben sich viele unserer Mitarbeiter und wir hören, dass andere Stellen deutlich weniger zahlen – teilweise im oberen dreistelligen Bereich.

Jetzt soll möglicherweise ein Ersatz her: Andere Anbieter wollen etwas Neues aufbauen und Mitarbeiter übernehmen. Das ist erst einmal sehr positiv. Trotzdem werden langjährige Teams auseinandergerissen, da manche Mitarbeiter schon neue Stellen haben. Aber vor Allem: Ist das wirklich günstiger, etwas Neues aufzubauen, anstatt uns das zu zahlen, was wir benötigt hätten?

Dazu kommt der Beziehungsabbruch für die Kinder: Für autistische Kinder sind Veränderungen an sich schwierig. Außerdem haben die meisten von ihnen in der Vergangenheit oft Ablehnung erfahren und hier bei uns zum ersten Mal gespürt, dass sie so sein dürfen, wie sie sind

. Aber wir sehen auch viel Betroffenheit bei den Eltern: Eltern von autistischen Kindern kämpfen meist von Geburt an für ihr Kind. Hier haben sie Unterstützung bekommen, andere Eltern kennengelernt und häufig eine enge Bindung zu den Therapeuten aufgebaut. Viele Eltern und Kinder waren jahrelang hier.