Die neue Rolltreppe an Gleis 1 am Freiburger Hauptbahnhof hat bunte Stufen – in den Farben des Regenbogens. Die Idee kam von Oberbürgermeister Martin Horn. Erstaunlicherweise stören sich im Internet sehr viele Menschen an der Farbgebung – im Internet lassen sie ihrem Ärger Luft. Wochenbericht-Redaktionsleiter Sven Meyer sprach mit Horn darüber.
Herr Horn, die neue Rolltreppe in Regenbogenfarben ist Stadtgespräch und erhitzt online offenbar sehr die Gemüter – allein auf der Facebookseite des Freiburger Wochenberichts gab es dazu weit über 4.000 Kommentare, der Großteil davon negativ bis gehässig. Wie kam es zu der farbigen Rolltreppe?
Martin Horn: Wir haben schon seit Jahren große Herausforderungen, was funktionierende Rolltreppen und Aufzüge am Hauptbahnhof angeht. Da tut sich aber gerade richtig viel, alle Rolltreppen und Aufzüge werden erneuert und ausgetauscht, das wird in den nächsten Wochen fertiggestellt. Die neuen Rolltreppen haben einen Einklemmschutz, den man – ohne Mehrkosten – in verschiedenen Farben bestellen kann. Hier hatte ich vorgeschlagen, einen Farbakzent zu setzen. Daraufhin haben wir nun diese farbenfrohe Rolltreppe installiert, die vielen Menschen wirklich gut gefällt. Und dann gibt es einige, die sich ganz offensichtlich daran stören.
Dabei soll die Regenbogen-Rolltreppe ja eigentlich auch ein Zeichen für Toleranz, Vielfalt und Freiburger Gastfreundschaft sein.
Horn: Das passt natürlich gut zu unserer vielfältigen Stadt. Es ist aber an erster Stelle einfach nur ein schöner Akzent im Stadtbild. Wir haben in diesen Zeiten wahrlich genug Tristesse und Schwarzmalerei. Und in Deutschland gibt es mehr als genug graue Rolltreppen – da tut doch etwas Farbe gut.
Wie sehr hat Sie der Online-Shitstorm aufgebrachter Bürger, die sich durch eine harmlose Rolltreppe provoziert fühlen, erstaunt?
Horn: Ich habe volles Verständnis dafür, wenn man sich über nicht funktionierende Rolltreppen am Hauptbahnhof aufregt – das war in der Vergangenheit leider oft ein großes Ärgernis. Aber jetzt bauen wir für 2,2 Millionen Euro zwei moderne, zuverlässige Rolltreppen, das in einem schnellen Tempo und suchen dafür noch schöne Designs aus… Ich finde, das ist ein Grund zur Freude. Dass manche eine bunte Rolltreppe zum ideologischen Streitfall machen und „woke“ Übergriffigkeit sehen, ist bedauerlich aber nicht mein Problem. Vielleicht sollten sie einfach mal einen Schritt zurücktreten und tief durchatmen.
Was sagt diese Gereiztheit schon bei Nichtigkeiten über unsere Gesellschaft aus?
Horn: Es gibt in unserem Land aktuell eine hohe Unzufriedenheit und eine gewisse Politikverdrossenheit. Und wir spüren in gewissen Bereichen auch die Polarisierung und dass bei manchen Themen ein Kulturkampf zutage tritt. Da reicht dann oft schon ein leichter Trigger für einen größeren Konflikt. Aber diese Aufregung ist völlig fehl am Platz. Wir brauchen keine hasserfüllte Motzerei wegen einer mehrfarbigen Rolltreppe. Was wir brauchen, ist eine funktionierende Infrastruktur und ein respektvolles Miteinander. Ich sage frei nach der Band Absolute Beginner: Mehr Sunshine und weniger anschreien.
Hinweis: Mehr zur neuen Bahnhofstreppe lesen Sie hier.