Wegen zu hoher Lärmwerte bekommt Freiburg in vielen Straßen noch mehr Tempo 30, und das sogar ganztags. Das geht aus dem Entwurf für den neuen Lärmaktionsplan der Stadt Freiburg hervor, über den der Gemeinderat Anfang Mai entscheidet. Demnach werden in vielen Straßen gesundheitskritische Werte überschritten. Die Stadt ist rechtlich verpflichtet, zu reagieren. Die geplante Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer auf mehreren Hauptverkehrsachsen der Stadt sorgt für Diskussion.
„Tempo 30 als Maßnahme gegen Verkehrslärm ist kaum sinnvoll, weil der Fahrzeuglärm im innerstädtischen Verkehr vor allem von der Motordrehzahl bestimmt wird. Eine Tempo 30-Regelung auf Hauptverkehrsstraßen sieht der ADAC kritisch, denn sie begünstigt zeitlich kürzere ’Schleichwege’ durch Wohngebiete. Das führt dazu, dass sich der Lärm dorthin verlagert und es oftmals sogar eine größere Betroffenheit der Bevölkerung geben kann“, kritisiert Andreas Müller, Leiter Abteilung Verkehr, Technik und Umwelt des ADAC Südbaden.
„Schleichwege“ könnten attraktiver werden
Auch die Vereinigung Badischer Unternehmen und Verbände halten weitere Tempo 30 Zonen auf mehreren Hauptverkehrsachsen der Stadt nicht für sinnvoll: „Die Verkehrssicherheit wird erheblich beeinträchtigt, während Rettungsdienste, Gewerbetreibende und deren Kunden vor neuen Herausforderungen stehen.“ Bereits heute zeige sich, dass insbesondere auf der Schwarzwaldstraße Rettungsdienste oft nicht zügig vorankommen. Eine weitere Tempodrosselung würde diese Problematik verschärfen – ebenso auf der wichtigen Nord-Süd-Verbindung der Zähringer Straße sowie der Ost-West-Achse. Für Wirtschaft und Einzelhandel bedeute die Maßnahme höhere Kosten, längere Transportzeiten und eine geringere Attraktivität für Kunden. Schon heute sei die Erreichbarkeit der Innenstadt schwierig.
Konkret sieht der Entwurf 28 Stellen vor, an denen Tempogrenzen kommen sollen: Darunter der Friedrichring, wo heute tagsüber Tempo 50 und nachts Tempo 30 gilt. Künftig käme hier durchgängig Tempo 30 – denn in der Spitze werden tagsüber Lärmpegel bis 74 Dezibel erreicht. Gleiches gilt für den ganzen Leopold-, Schlossberg- und Greiffeneggring, die Habsburgerstraße, die Stefan-Meier-Straße sowie die gesamte Eschholzstraße vom Friedrich-Ebert-Platz bis zur Hauptfeuerwache. Die Eschholzstraße gilt jedoch als Sonderfall, weil die Stadt dabei in Erwägung ziehen muss, dass ehrenamtliche Einsatzkräfte dann mehr Zeit bräuchten, wenn sie bei Einsätzen in ihren Privat-Pkws zur Feuerwache eilen.
Der ADAC plädiert für eine Vereinheitlichung eines innerörtlichen Tempolimits, auch um den Schilderwald zu reduzieren. „Wir sprechen uns nach wie vor für die Beibehaltung von Tempo 50 auf Hauptverkehrsachsen innerhalb geschlossener Ortschaften aus.“ Flächendeckend Tempo 30 wäre kontraproduktiv, denn „eine Studie des ADAC ergab, dass bei generellem Tempo 30 der Verkehr auf den Straßen, auf denen zuvor 50 Stundenkilometer erlaubt war, deutlich zurückgeht. Ein Großteil verlagert sich damit in sensible Wohnbereiche, in denen schon zuvor Tempo 30 galt. Grund ist, dass diese ’Schleichwege’ von der Fahrzeit her attraktiver werden als die Hauptverkehrsstraßen. In Modellrechnungen stieg die Fahrleistung dort um insgesamt 15 bis 17 Prozent“, so Andreas Müller.
Sinnvoller, um den Lärm im Straßenverkehr zu reduzieren, seien strengere Grenzwerte für Reifen, bessere und leisere Fahrbahnbeläge oder eine intelligente Steuerung zur Verkehrsverflüssigung. Auch die Unternehmervereinigung kritisiert, dass andere Maßnahmen nicht berücksichtigt würden, beispielsweise den Lärm durch Straßenbahnen zu reduzieren oder Straßen zu sanieren.