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Christian Streich: Nach Sorgs Entlassung beim SC Freiburg steht er wider Willen im Rampenlicht

SC-Trainer Christian Streich im Jahr 2011SC-Trainer Christian Streich bis der Podiumsdiskussion 2011 in der Freiburger Fußballschule. Foto: Patrick Seeger

Der SC Freiburg hat Marcus Sorg als Trainer entlassen. Nachfolger ist Christian Streich, der für diesen Job wie geschaffen scheint – ihn so aber nicht wollte. Am Mittwoch fliegt der SC Freiburg ins Trainingslager und lässt eine turbulente Woche hinter sich. Mit dem neuen Trainer Christian Streich soll alles besser werden.

Es ist nicht lange her, am 24. Oktober des gerade abgelaufenen Jahres, da geschah in der Freiburger Fußballschule Bemerkenswertes. Am Wochenende davor war der SC Freiburg erstmals ans Tabellenende der Bundesliga gestürzt – nach einem 0:1 in Kaiserslautern am zehnten Spieltag der Saison. An diesem Montagabend in der Fußballschule also, ausgerechnet zum Festakt ihres zehnjährigen Bestehens, fragte der Moderator nach den Gründen für die sportliche Misere des Sportclubs. Es war die erste Frage des Abends. Derjenige, demdie Frage gestellt wurde, wippte leicht nervös von einem Fuß zum anderen. Es war nicht Cheftrainer Marcus Sorg.

Das Drehbuch des Abends wollte es so, dass Sorg nur als Zuhörer unten im Plenum neben SC-Präsident Fritz Keller saß – und zuhören musste, wie sein Co-Trainer Christian Streich oben im Rampenlicht die Frage beantwortete.

Als Chef ins Trainingslager

Heute, gut zwei Monate später, ist Christian Streich (46) selbst Cheftrainer beim Sportclub. Die Talfahrt in der Tabelle hat erstaunliche Ereignisse im Breisgau ausgelöst. Erst sagte der Verein fünf Spielern, darunter dem beliebten Kapitän Heiko Butscher, dass sie sich einen neuen Verein suchen sollen. Und keine Woche später wird Marcus Sorg, der diese Entscheidung maßgeblich initiiert haben soll, entlassen und Christian Streich als neuer Cheftrainer vorgestellt. In der Regel läuft das anders herum: Ein neuer Trainer kommt, der dann den Kader ausmisten darf. Zumindest diesbezüglich bleibt der SC der „etwas andere“ Verein.

Heute reist Streich mit der Mannschaft zum Trainingslager ins spanische Rota. Seine plötzliche Beförderung ist ihm höchst unangenehm. In Bezug auf VorgängerMarcus Sorg sei es „vielleicht die schwierigste Entscheidungmeines Lebens“ gewesen, das ihm angetragene Amt zu übernehmen.
Und: „Ich habe nie gedacht, dass ich mal Cheftrainer eines Bundesligavereins werde“, so Streich.

Streich ist seit 1995 Jugendtrainer beim SC. Mit den A-Junioren sind ihm zahlreiche Erfolge gelungen. Streichs größter Erfolg bleiben aber seine Verdienste als sportlicher Leiter der Freiburger Fußballschule. Jetzt steht er vor der wohl größten Aufgabe seines Lebens. Ermuss einem mutlosen Team die Augen öffnen – und entstandene Wunden kitten.

Wie das gehen soll, zeigte Streich am Montag, bei seinem ersten Training als Chefcoach. Zwischen den
Einheiten holte er die Spieler immer wieder zu sich und sagte einige Worte. Einer der vielleicht wichtigsten
Gründe, warum Präsident Fritz Keller und Sportdirektor Dirk Dufner Ex-Trainer Sorg durch Streich ersetzt
haben, ist wohl in dessen Art der Kommunikation begründet. Dufner sagt über Streich: „Er ist jemand, der
manchmal viel schroffer sein kann.“

Was dieser Satz im Umkehrschluss über Ex-Trainer Marcus Sorg verrät, sagt der Sportdirektor nicht. Die Fans sind enttäuscht Der Verdacht, dass einige Spieler Internas an die Presse weitergeleitet haben sollen, kanzelt Streich denn auch mit deutlichen Worten ab: „Wenn das so war, dann ist das ein absoluter Affront“, sagt er.

Christian Streich steht am Anfang einer schwierigen Aufgabe muss aber nicht nur den Teamgeist
wiederherstellen, sondern entstandene Wunden heilen. Auch gegenüber den Fans. Die trauern noch immer dem geschassten Kapitän Heiko Butscher nach. Eine Entscheidung die Streich nach eigener Aussagemitträgt. „Der SC war mein Verein“, sagte der enttäuschte Butscher, als er am Montag das Trainingsgelände verließ. Die Anhänger dankten es ihm mit einem warmen Applaus. Das zeigt: Schon die Suche nach einem neuen Kapitän macht Streichs neue Aufgabe so schwer. Eine Aufgabe,
die erst begonnen hat.