Es war ein Paukenschlag mit Ansage: Christian Streich, seit 29 Jahren Trainer beim SC Freiburg (bald 13 davon als Cheftrainer der Profis), hört zum Saisonende auf. Aus und vorbei – mit diesem Gedanken wird man sich im Breisgau nun anfreunden müssen. Die Spekulationen über die Nachfolge laufen.
Natürlich regnete es am Montagmorgen. Wie konnte es anders sein. An dem Tag, als Christian Streich das Geheimnis um seine Zukunft lüftete, war der Himmel über Freiburg wolkenverhangen und grau. Ob der Fußballgott da ein Tränchen vergoss? „Ich verneige mich vor ihm“, ließ zumindest Nils Petersen wissen, SC-Rekordtorschütze, der achteinhalb Jahre unter Streich gespielt hat. Ein SC Freiburg ohne Christian Streich – die Menschen müssen anfangen sich mit diesem Gedanken anzufreunden.
Nicht nur Fußballfachmann
Die Art und Weise, wie er sich verabschiedete, hatte Streich schon ganz am Anfang seiner beachtlichen Bundesligakarriere im Kopf. Im Mai 2012, nachdem er den SC in seinem ersten Halbjahr als Cheftrainer vom letzten Tabellenplatz zum Klassenerhalt geführt hatte, äußerte er sich im Wochenbericht-Interview: „Es geht darum zu sagen, ’ich bin müde’ – dafür braucht man sich nicht zu schämen.“ Nach nur wenigen Monaten als Bundesligatrainer wurde ihm klar, dass es „ein harter, intensiver Beruf ist“ und „ein wahnsinnig schwieriger Beruf, weil so viel auf einen projiziert wird.“
Und Christian Streich war nie einfach nur Fußballfachmann, nie nur Bundesligatrainer. Er ist reflektiert, belesen, interessiert an seinen Mitmenschen. Seine Pressekonferenzen haben Unterhaltungscharakter. Und anders als andere Trainer scheut er sich nie Missstände anzusprechen – die im Millionengeschäft Fußball, aber im Besonderen die auf gesellschaftlicher Ebene, wie dem Erstarken von Rechtsextremismus, Hass und Ausgrenzung. „Was ihn auszeichnet ist, dass er ein herausragender Mensch ist. Dass es für ihn mehr gibt als Fußball“, sagt sein Kapitän Christian Günter.
Die Flut an Reaktionen, die seit Montag nicht enden will (mehr dazu hier), zeigt es: Bundesligavereine, ehemalige Spieler, Trainerkollegen, Ministerpräsidenten, Bürgermeister – in allen Ecken der Republik hat Streich Freunde, Fans, Bewunderer. Somit ist er auch ein Botschafter für die Stadt und die Region.
Wer wird Christian Streichs Nachfolger?
Doch die vielen Jahre an der Seitenlinie sind an ihm, Fußballarbeiter durch und durch, eben nicht spurlos vorbei gegangen. „Ich habe lange überlegt und viele Gespräche geführt, aber ich glaube, nach 29 Jahren ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um Raum zu geben für neue Energien, neue Leute und neue Möglichkeiten“, sagte Streich in seiner Botschaft vom Montag. Wer künftig diese Energie geben soll, von der das SC-Team so sehr abhängt, ist bereits Gegenstand von Spekulationen.
Als heißester Anwärter auf den Trainerposten gilt Verbindungstrainer Julian Schuster, ein Vertrauter Streichs. Sein größtes Plus: Der 38-Jährige gilt als Sympathieträger und hat als Spieler, Kapitän und Mitglied des Trainerteams die SC-DNA verinnerlicht. Schuster wäre – wie einst bei Streichs Inthronisierung Ende 2011 – eine mutige, aber nachvollziehbare Lösung. Thomas Stamm, Trainer der SC-Reserve in der Dritten Liga, ist dagegen laut „Sky“ keine Option. „Zeitnah“ wolle sich der Verein zur Streich-Nachfolge äußern.
Wer es auch werden wird, Streich versprüht Zuversicht: „Ich bin der festen Überzeugung, es werden sehr gute Entscheidungen getroffen werden, dass es in diesem Verein so weitergeht wie es in den letzten Jahren und Jahrzehnten weiterging – und zwar immer vorwärts.“