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Christian Streich vom SC Freiburg über die Kritik an Noah Atubolu: “Die Leute sollten jubeln”

Christian Streich und Noah Atubolu vom SC FreiburgWichtig ist, was der Trainer sagt: Das gilt auch in diesem speziellen Freiburger Fall, bei dem Christian Streich seinen Torwart Noah Atubolu gegen Kritik aus dem Internet in Schutz nimmt. Foto: Detlef Berger

Das musste mal raus. Als Christian Streich nach dem 1:1 gegen Mainz seine Stimme in der Causa Noah Atubolu erhob, wurde einmal mehr deutlich, wie sehr den SC-Trainer die gestiegenen Ansprüche rund um den Verein beschäftigen – mit all ihren unschönen Begleiterscheinungen.

Noah Atubolu, 21 Jahre alt, geboren in Freiburg, seit bald neun Jahren beim SC und seit dieser Saison die Nummer eins zwischen den Pfosten „seines“ Vereins stand vom ersten Spieltag an unter Beobachtung. Vor allem in den Sozialen Medien werden bisweilen unfaire Maßstäbe an den deutschen U21-Nationaltorwart angelegt, der gerade seine erste komplette Bundesligasaison inklusive DFB- und Europapokaleinsätzen absolviert. Sein Vorgänger? Mark Flekken, niederländischer Nationaltorhüter und Stammtorwart beim englischen Premier-League-Klub FC Brentford. In dieser Saison spielte Atubolu bereits neunmal zu null: Nur zwei andere Bundesliga-Keeper blieben genauso oft (VfB Stuttgart/Nübel) oder noch häufiger (Leverkusen/Hradecky) ohne Gegentor.

Und doch entbrennt in den SC-Fanforen nach beinahe jedem Spiel eine leidenschaftliche, haarklein geführte Diskussion darüber, wie Atubolus Leistung zu bewerten wäre. Jeder vermeintliche Wackler, jedes Zögern des Keepers im Strafraum oder bei der Ballabgabe werden seziert. Diskutiert wird auch, ob der Verein sich einen Gefallen damit getan hat, Atubolu in seinen jungen Jahren ins Rampenlicht der Bundesliga zu stellen. Selbst professionelle Medien schlagen bisweilen mit ihren Zeilen über die Stränge: Von „Einer geht Noah rein!“ (11Freunde) bis „Mit diesen Torwartpatzern wird das nichts“ (Sport1) war schon einiges zu lesen, was einen 21-Jährigen zum Grübeln bringen könnte.

Aber vor allem die Diskussionen in den Sozialen Medien missfallen Streich, weil er weiß, dass sein junger Torwart dem kaum entgehen kann. Besonders gravierend: In den Kommentaren einiger Unbelehrbarer driftet die Atubolu-Kritik nicht selten in Richtung knallhartem Rassismus ab. „Das ist Wahnsinn, was der Kerl mitkriegt. Das geht nicht“, sagt der Freiburger Trainer.

Gefährdet sieht der SC-Coach vor allem die seit Jahren erfolgreich praktizierte Philosophie des Vereins, jungen Eigengewächsen den Weg ins Profigeschäft zu ebnen. Streich fragt zu Recht, warum der Verein bei einem Torhüter anders handeln solle als bei einem jungen Feldspieler. „Das ist der Freiburger Weg“, sagt er. „Der SC Freiburg entscheidet sich für einen Torwart aus der eigenen Jugend, aus der eigenen Stadt. Genau das ist unser Weg. Die Leute sollten jubeln“, so Streich.

Für Atubolu ist ein Zu-Null-Rekordwert in Reichweite

Dass er durch seine öffentlichen Worte fürs Erste das Gegenteil erreicht und die von ihm beklagte Unruhe nicht verschwindet, sondern Atubolu weiter im Fokus stehen wird, das dürfte dem Medienprofi Streich klar gewesen sein. Aber der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel und auch hier hat der Verein längst vorgebaut: Im üblichen Frage-und-Antwort-Spiel der Medien darf der Torwart (noch) nicht mitspielen, Interviews gibt er keine. Für Medienvertreter eine schmerzhafte, aber aus Vereinssicht nachvollziehbare Entscheidung.

Zumindest in einem Videointerview des SC Freiburg kam der Keeper vor der Saison zu Wort: „Es ist meine erste Bundesligasaison“ und es gehe für ihn erstmal darum „Spiel für Spiel zu absolvieren und mit den Jungs da weiter zumachen, wo sie letzte Saison aufgehört haben.“ Bei seinen Zielen und denen des Vereins liegt Atubolu also vollständig im Soll. Mit jetzt 40 Punkten und Platz sieben hat der SC auch dank Atubolu alle Möglichkeiten, zum dritten Mal in Folge das europäische Geschäft zu erreichen.

Und das nach einer komplizierten, von Verletzungen und Ausfällen geprägten Saison. Während er sich in der Abwehr häufig auf wechselnde Vorderleute einzustellen hatte, spielte Atubolu fast immer. Gegen den Heimspielgegner Wolfsburg am Samstag (15.30 Uhr / Sky) wird Atubolu bereits seinen 42. Pflichtspieleinsatz absolvieren. Sollte er die Saison wie geplant zu Ende spielen, wird er mit dann 45 Einsätzen der SC-Torhüter mit den meisten Spielen in einer Saison überhaupt sein und sogar Mark Flekken (44 Einsätze/ Saison 22/23) überholen.

Auch den wettbewerbsübergreifenden Zu-Null-Rekordwerten aller Freiburger Profi-Torhüter in einer Saison (Mark Flekken: 16 weiße Westen / Oliver Baumann: 15 weiße Westen) kommt der 21-Jährige mit 14 Zu-Null-Spielen nahe, bei noch vier ausstehenden Spielen. Die Zahlen sprechen also für ihn und Atubolu hat gute Gründe, selbstbewusst zu sein. Egal, was das Internet sagt.

Noah Atubolu kann in seiner ersten kompletten Saison als Nummer eins beim SC Freiburg Topwerte vorweisen. Foto: Detlef Berger