Als der SC Freiburg 2015 den bitteren Gang in die zweite Liga antreten musste, sagte sein Trainer: „Der Verein ist ein kleiner Verein, aber ein großer in seinem Wesen“. Wie recht Christian Streich behalten sollte, zeigte das zurückliegende DFB-Pokal-Finale. Vor allem die Fans des Vereins übertrafen trotz der Niederlage gegen Leipzig alle Erwartungen – und machen Lust auf mehr.
Am Rande des Empfangs für den SC Freiburg auf dem Platz der Alten Synagoge am Sonntagabend sagte Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn einen bemerkenswerten Satz: „Man macht sich selbst nicht groß, indem man andere klein macht.“ Er sprach damit den Unterschied zwischen dem SC Freiburg und einem Vereins-Gebilde wie RB Leipzig an, das aus lediglich 21 handverlesenen Clubmitgliedern besteht. Dieser Unterschied wurde am Samstag in der Hauptstadt anhand der beiden Fanlager für jedermann offenkundig. Und wie.
Da waren die rund 40.000 SC-Fans, die in Berlin für eine denkwürdige Atmosphäre gesorgt hatten, die in einem friedlichen Fanmarsch zum Spiel gepilgert waren und das Olympiastadion zum Beben brachten – und ihre Mannschaft auch dann noch feierten (oder erst recht), als die bittere Niederlage im größten Spiel der Vereinsgeschichte längst feststand.
Die 12.000 Fans auf dem Platz der Alten Synagoge am Sonntag bildeten hierzu den krönenden Abschluss. Und der Leipziger Anhang? Der kam im Angesicht des Triumphs seltsam stimmungsarm daher. Das nötigte auch dem diplomatischen Herrn Horn Respekt ab: „Man hat nur einen Fanblock gehört, und das war unserer“, sagte er. Sich selbst groß machen, das zeigte das Pokalwochenende, hat dieser SC Freiburg aber gar nicht nötig. Dem Sport-Club fliegen seit Jahren die Sympathien zu – und er stößt spätestens seit dem Finale in neue Dimensionen vor.
„Der SC Freiburg ist sowieso überragend gut. Der Verein ist in Deutschland sehr beliebt, und wenn ich ins Ausland gehe, wird auch über Freiburg gesprochen.“
Joachim Löw, SC-Ehrenspielführer und früherer Bundestrainer
Ex-Bundestrainer und SC-Ehrenspielführer Joachim Löw drückte es in den Katakomben des Olympiastadions nach dem Abpfiff des Finales so aus: „Der SC Freiburg ist sowieso überragend gut. Der Verein ist in Deutschland sehr beliebt, und wenn ich ins Ausland gehe, wird auch über Freiburg gesprochen. Das hat schon auch einen Grund. Der Grund ist, dass sie einfach nicht nur gut Fußball spielen, sondern für gewisse Werte stehen: Bescheidenheit, Bodenständigkeit, und dass die Spieler, die da sind, besser werden und trotzdem auf dem Boden geblieben sind. Das macht einfach Spaß“, sagte Löw.
Zu dem denkwürdigen Auftritt des SC Freiburg in Berlin passen die Reaktionen der bundesweiten Presse nach dem Finale: „Der SC Freiburg holt viele Herzen“, schreibt Die Zeit. Die Süddeutsche Zeitung attestiert dem SC „bodenständige Wertarbeit“ und die Badische Zeitung zieht das Fazit, der SC habe trotz der unglücklichen Niederlage nach dem Spiel „Größe und Haltung“ gezeigt: „Allen voran Trainer Christian Streich.“
Als dieser 2012 das Cheftraineramt beim SC übernahm, hatte der Verein 4.300 Vereinsmitglieder. Heute sind es über 35.000 – auch dank der Finalteilnahme und einer starken Bundesliga-Saison, die dem SC die Teilnahme an der Europa League bescherte.
Von der friedlichen Begeisterung der Fans in Berlin und Freiburg zeigte sich der 56-jährige SC-Coach tief beeindruckt – und sagte deshalb am Sonntag auf der Bühne vor dem Platz der Alten Synagoge, während an seiner Seite Freiburgs unterlegene Pokalhelden standen: „Wenn ich ganz ehrlich sein soll, habe ich keine Sorgen vor der nächsten Saison. Nur ein bisschen. Ich freue mich wahnsinnig. Wir haben am Donnerstag Europapokal, wir spielen am Sonntag Bundesliga und am Donnerstag spielen wir wieder Europapokal.“ Dann reckt er die Faust in die Höhe und ruft zu den Fans: „Mit Euch! Mit Euch!“