Freiburg hat einen neuen Gemeinderat gewählt und der gestaltet sich bunt wie nie: 17 verschiedene Listen verteilen sich künftig auf die 48 Sitze. Damit ist ein sehr breites politisches Spektrum abgedeckt. Die Wahlbeteiligung lag bei 66,9 Prozent. Eine kleine Überraschung: Die AfD hat es nicht auf Fraktionsstärke geschafft.
Platzhirsch (siehe Schaubild unten) bleiben die Grünen, deren Verluste sich – entgegen des Bundestrends – in Grenzen hielten: Auf der Zielgeraden holte die Partei noch den 12. Sitz und schnappte den Freien Wählern deren vierten Sitz weg. Für Ex-Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer bedeutete dies den Einzug in den Gemeinderat. Mit einem Minus von 2,7 Prozent verlor die Partei im Vergleich zu 2019 nur einen Sitz. Kein Wunder, dass sie auch die neue Stimmenkönigin stellt: Sophie Schwer erhielt rekordverdächtige 79.256 Stimmen. SPD und CDU konnten jeweils sechs Sitze gewinnen – genau wie bei der letzten Gemeinderatswahl.
Freiburgs Wahlamtsleiter Michael Haußmann erklärte: „Freiburg ist eine Insel“, da sich das Wahlergebnis deutlich von anderen Großstädten in Baden-Württemberg unterscheide. Entgegen aller Prognosen hat es die AfD nicht geschafft, einen dritten Sitz und damit Fraktionsstärke zu erreichen. Sie erreicht 4,5 Prozent, womit sich der Zugewinn um einen Prozentpunkt überschaubar hält.
Zu den Gewinnern zählt auch die Linke Liste mit 7,7 Prozent, die um 0,8 Prozentpunkte zulegt und dadurch ein viertes Mandat erhält. Klarer Zugewinn-Sieger ist jedoch Volt mit 3,8 Prozent im Plus und zwei Sitzen im Gemeinderat – erstmals! Den zweitgrößten Zuwachs erreichten die Freien Wähler (+1,6 %), was ihnen jedoch zu keinem weiteren Sitz verhalf.
Die größten Verluste mussten neben den Grünen die Grüne Alternative Freiburg (GAF) mit einem Minus von 2,9 Prozent sowie Freiburg Lebenswert mit -2,2 Prozent hinnehmen.
Von 48 Ratsmitgliedern gibt es 21 neue, wobei sich das Geschlechterverhältnis mit 27 zu 21 zugunsten der Männer niederschlägt. Einige altbekannte Gesichter haben es diesmal – teils überraschend – nicht geschafft, darunter Lars Petersen und Jonathan Ben-Shlomo (Grüne), Irmgard Waldner, Martin Kotterer (beide CDU), Atai Keller (Kulturliste), Christoph Glück (FDP), Felix Beuter (Grüne Alternative) oder Gerlinde Schrempp (Bürger für Freiburg). Im neuen Gemeinderat ist die jüngste Gemeinderätin Katharina Mohrmann (Grüne) mit 19 Jahren. Die älteste ist Annemarie Reyers (72) von der Linken Liste.
„Es hat sich in Freiburg bestätigt, was sich auch schon 2014 und 2019 abgezeichnet hat: In Universitätsstädten schafft es eine hohe Anzahl an Listen in den Gemeinderat“, erklärt Michael Wehner, der Leiter der Außenstelle Freiburg der Landeszentrale für politische Bildung. Aus seiner Sicht ist einzig das starke Abschneiden von Volt eine Überraschung. „Das schwache Abschneiden der AfD liegt hingegen mit Sicherheit auch am speziellen Milieu der Stadt Freiburg“, so der Politikwissenschaftler.
Auswirkungen hat die bunte Vielfalt der Listen laut Wehner durchaus: Das Aushandeln von Kompromissen wird durch die Vielzahl unterschiedlicher Listen komplizierter. Auf der anderen Seite liegt es in der Natur
der Sache, dass sich die Kleinen zu Fraktionsgemeinschaften zusammenschließen.
Zufrieden zeigt sich Oberbürgermeister Martin Horn: „Mehr als fünf Millionen Stimmen wurden abgegeben – ein neuer Rekord. Noch erfreulicher ist die hohe Wahlbeteiligung mit 66,9 Prozent, was ebenfalls ein neuer Rekord ist“, so Horn.