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In Freiburg steht ein kleines urbanes Meisterwerk

Das Rennwegdreieck in Freiburg ist ein besonderes Gebäude. Foto: Joers

Drei Ecken, ein Haus: Das Rennwegdreieck in Freiburg ist ein besonderes Gebäude. Von außen erinnert es an das weltbekannte „Flat Iron Building“ („Bügeleisen-Hochhaus“) in New York. Im Inneren bringt es das Kunststück fertig, 18 Sozialwohnungen, frei vermietbaren Wohnraum und 24 Eigentumswohnungen unter einem Dach zu vereinen.

„Das Quartier im Haus“ ist denn auch der Untertitel unterm Gebäudenamen. Beim Besuch vor Ort erklärt Stadtbau-Projektleiter und Architekt Magor J. Sándor Hegedüs, was es mit dem Hochhaus auf sich hat. Das Rennwegdreieck ist in Fachkreisen mittlerweile eine Berühmtheit und hatte eine ganze Reihe namhafter Architekturpreise eingeheimst.

Kein Wunder, denn so ziemlich alles an diesem siebenstöckigen Wohnhaus mit 49 Wohneinheiten ist außergewöhnlich. „Das Grundstück war eine dreieckige Verkehrsinsel, die quasi als unbebaubar galt“, blickt Hegedüs zurück. Eine Hundewiese mehr oder weniger. Nicht weit vom Hauptbahnhof gelegen. Zu schade eigentlich, um nicht im Zuge der Innenverdichtung mit Wohnraum versehen zu werden.

Aber wie? Diese Frage trieb die Freiburger kommunale Stadtbaugesellschaft FSB 2016 um, als sie einen Wettbewerb für die Bebauung der gerade einmal 1.200 m2 großen Fläche ausschrieb – mit dem Ziel, einen Turm zu realisieren. „Es ging darum, die Sichtachse zur Stadt hin zu erweitern und diesen Platz zu gestalten und zu definieren“, sagt der Projektleiter. Und natürlich um den Wohnungsbau: „Die Gewinne aus dem Verkauf der Eigentumswohnungen im Haus haben uns geholfen, die günstigen geförderten Wohnungen zu bauen. Das ist ja eine Kernaufgabe für uns als Stadtbau.“ Die sieben großen, frei vermieteten Wohnungen im Haus werden beispielsweise zum Teil als Studenten-WGs genutzt.

Als Sieger aus dem Wettbewerb 2016 ging das Basler Büro Bachelard Wagner aus dem Wettbewerb hervor. Der Entwurf sah ein Haus mit aufwändiger Klinkerfassade vor, was dann aber aus Kostengründen „nur“ in Form von geklebten Platten und nicht als echter Klinkerbau realisiert wurde, so der FSB-Projektleiter.

Ende 2018 erfolgte der erste Spatenstich, zwei Jahre später zogen die ersten Bewohner ein. Der letzte Beton wurde am 17. November 2020 unterm Dach gegossen, erinnert Hegedüs sich. „Das war zeitlich echt eng: Weiter unten im Haus wurde alles für den Einzug der ersten Mieter mit dem letzten Feinschliff versehen, während es oben, wo die Lüftungsanlage eingebaut ist, noch richtig zur Sache ging!“

Smartes Lüftungssystem

Die Lüftungsanlage ist eine der Besonderheiten: Jede Wohnung wird mittels dieser Be- und Entlüftung mit Frischluft versorgt. Im Winter gewinnt die Anlage etwa 80 Prozent der Wärme beim Luftaustausch zurück, was die Heizkosten drücken hilft. Die Schallschutzfenster ihrer Wohnungen können die Bewohner im Grunde stets geschlossen halten, ohne auf Frischluft verzichten zu müssen.

Das Treppenhaus, dessen Fliesen in ihren Farbtönen die warme Anmutung der Fassade aufnehmen, wird im Sommer klimatisiert, indem nachts im Erdgeschoss kühlere Außenluft zugeführt wird, die dann über ein Fenster unterm Dach wieder abfließt. „Dafür nutzen wir Wärmesensoren und den natürlichen Kamineffekt“, berichtet Magor Hegedüs, der sich das Steuerungssystem ausgedacht hat und mit viel architektonischer Leidenschaft aufzeigt, wo im Rennwegdreieck im Detail besondere Ideen realisiert wurden, die sinnvoll, kostengünstig und oftmals „typisch Freiburg“ sind: doppelstöckige Fahrradstellplätze zum Beispiel oder ein Indoor-Spielplatz im Erdgeschoss in der Spitze des Baus: „So konnten wir einen Raum nutzen, der schwer zu vermarkten gewesen wäre und gleichzeitig die Auflage erfüllen, Spielräume für die Kinder im Gebäude verwirklichen“, erklärt der Projektleiter.

Der Bau des Bügeleisenhauses hat rund 14 Millionen Euro gekostet. Foto: Bernd Peters

Ebenfalls im Erdgeschoss befindet sich eine Bäckerei-Filiale mit Café. Was man indes lange suchen muss, ist die Tiefgarageneinfahrt. „Eine Zu- und Abfahrt für Autos wäre beim Zuschnitt des Gebäudes nur extrem schwer machbar gewesen“, erklärt Hegedüs. Es sei ein Glücksfall gewesen, dass die FSB über die Straße noch ein weiteres Grundstück habe nutzen können.

Dort entstand nicht nur die Tiefgarage mit den erforderlichen Plätzen für Bewohner des Rennweg-dreiecks, sondern auch noch ein weiteres Mehrfamilienhaus. Selbst die einstige Wiese, auf der das Rennwegdreieck gebaut wurde, ist nicht ganz verschwunden: Das komplette Dach des Gebäudes ist begrünt mit einem Kräutergarten, den freilich hier oben keiner wirklich nutzen kann. „Ich habe hier aber auch schon Thymian geerntet“, sagt Projektleiter Hegedüs. Man spürt: Das Gebäude ist bis heute ein Herzensprojekt für den Freiburger Architekten geblieben.

Autor: Bernd Peters