Auf dem Platz der Alten Synagoge steht am Freitag (13 Uhr) der nächste Klimastreik an. Zuletzt gingen die Teilnehmerzahlen bei den Demos von Fridays for Future (FFF) in Freiburg zurück. Auch im Bundestagswahlkampf spielt die Klimafrage zurzeit nur eine Nebenrolle. Im Interview fragten wir deshalb den Freiburger FFF-Aktivisten Merlin Geburek, wo die Klimabewegung zurzeit steht.
Mit wie vielen Teilnehmern rechnen Sie am Freitag?
Merlin Geburek: Wir haben diese Demo relativ stark mobilisiert. Wir haben ganz viel Werbung gemacht und treten mit einem breiten Bündnis an. Deshalb haben wir ein gutes Gefühl, auch was Anfragen von möglichen Rednern und beteiligten Organisationen angeht. Jetzt muss noch das Wetter mitspielen. Es ist aber ein zweischneidiges Schwert, weil es gerade sehr viele Demos gegen Rechts gibt. Die sind super, an denen sind wir auch mitbeteiligt. Aber deshalb können wir noch nicht einschätzen, ob die Menschen noch Lust haben, auf die nächste Demo zu gehen. Erfahrungsgemäß rechnen wir aber mit 2.000 bis 3.000 Teilnehmern. Und da ist noch mehr drin.
Im September kamen nur 1.600 Menschen, im März 2023 waren es noch 9.000 Teilnehmer. Was sind die Gründe für den Rückgang?
Geburek: Man muss dazu sagen, dass wir es letztes Jahr etwas übertrieben haben, mit drei Demos innerhalb von drei Monaten. Aber es stimmt: Es kamen weniger Menschen auf die Straße. Das liegt einfach daran, dass da viel Frustration ist. Wir hatten die großen Protestwellen, dann kam die Fortschrittskoalition und man dachte, jetzt muss sich was bewegen. Und dann hat sich doch wieder wenig bewegt. Die anderen Krisen, die Coronapandemie, der Ukrainekrieg haben uns als Bewegung einen schweren Schlag versetzt. Neulich habe ich gelesen, die Midlife Crisis als solches gibt es nicht mehr. Gerade für junge Menschen fühlt es sich eher wie eine Dauer-Crisis an. Viele können es sich nicht mehr leisten auf die Straße zu gehen, oder es fehlen der Mut oder die Motivation.
Was sagt ihr zur geringen Präsenz von Klimathemen im aktuellen Bundestagswahlkampf?
Geburek: Das finden wir ganz furchtbar. Bestes Beispiel war das Kanzlerduell von Scholz und Merz, als es nur 1:37 Minuten von eineinhalb Stunden um das Thema Klima ging. Das ist schon unverschämt. Es kam keine einzige Frage von den Moderatorinnen dazu. Auch die Kandidaten haben es nicht für nötig gefunden, darüber zu reden. Auf der anderen Seite gibt es gerade eine aktuelle Wählerumfrage der FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, d. Red.), bei der heraus kam, dass die Klimafrage sogar das wichtigste WählerInnnen-Thema ist. In anderen Umfragen rangiert es immerhin auf Platz drei, vier oder fünf. Und trotzdem findet es keine Gestaltung bei den meisten Parteien.

Ist es nicht so, dass Fridays for Future inzwischen weniger eine Protestbewegung ist, sondern viel mehr Lobbyarbeit macht?
Geburek: Wir haben uns sehr stark professionalisiert. Das kann man auf jeden Fall so sagen. Wir machen aber immer noch Demos, das ist unser Kerngeschäft, wenn man so will. Aber wir können das mittlerweile so gut, das ist so eingespielt. Das hat man auch an den großen Brandmauer-Demos gesehen. Das waren an vielen Orten ehemalige FFF-Leute, die sofort auf ihre Pläne und Ressourcen zurückgreifen konnten und die wussten, so geht das. Wir machen Lobby für das Klima, für die jungen Menschen, aber auch für die Wissenschaft. Wir verstehen uns immer noch als Sprachrohr der Wissenschaft, die ganz eindrücklich vor den Gefahren des Klimawandels warnt.