Der Drogenhandel floriert hier vor den Augen aller: Der Stühlinger Kirchplatz ist seit Jahren ein Platz, den viele Stadtbewohner nicht nur bei Nacht meiden. Einst war er notorischer Treffpunkt der Trinkerszene, dann wandelte er sich zum Umschlagplatz für verbotene Drogen. Mit einem umfassenden Konzept will die Stadt Freiburg nun dagegensteuern. Bürgermeister Stefan Breiter (57, CDU), zu dessen Dezernat unter anderem das Amt für öffentliche Ordnung gehört, berichtet, was geplant ist und warum er an den Erfolg glaubt.
Herr Breiter, die Stadt Freiburg will etwas tun für den Stühlinger Kirchplatz, der Gemeinderat steht über Fraktionsgrenzen hinweg hinter ihren Ideen. Was ist da los?
Stefan Breiter: Der Stühlinger Kirchplatz ist ja schon seit Jahren ein Problemplatz. Das war in meiner Kindheit schon so. Und heute wird der Platz vor dem Hintergrund des dort stattfindenden Drogenhandels, der Gewaltkriminalität und der vielen Streitigkeiten innerhalb der Szene und Müll von der Polizei als „gefährlicher Ort“ eingestuft. Gleichzeitig kann der Platz einer der schönsten Orte der Stadt sein. Wenn er denn als solcher erlebbar ist. Derzeit ist das nicht der Fall: Viele Menschen meiden den Platz, sei es aus eigener schlechter Erfahrung oder wegen des negativen Rufs, den der Platz innehat. Für uns in der Verwaltung ist es daher seit Jahren eine zentrale Frage, wie wir den Stühlinger Kirchplatz für Familien, Anwohnende und Erholungssuchende „zurückholen“ können.
Wie genau soll das passieren?
Breiter: Es gab einen Antrag der Stadträte von „Eine Stadt für alle“, geboren aus vielen Debatten. Das hat uns bestärkt in der Sicht, dass wir etwas tun müssen. Dabei geht es um eine Belebung des Platzes. Aber auch um mehr Sicherheit für die angrenzenden Schulen und um polizeiliche Maßnahmen, um die unerwünschten Gruppen zurückzudrängen, die dort für viele ein ungutes Gefühl auslösen. Es geht um mehr Sauberkeit und Toiletten sowie soziale Angebote. Konkret wollen wir mit einem „Kulturkiosk“ und Sportmöglichkeiten sowie stadtteilbezogenen Nutzungen wie Hocks dagegenhalten. Es gibt jede Menge gute Ideen. Das Potenzial ist riesig. Aber man muss es heben und die Bürgerschaft mitnehmen auch selbst aktiv zu werden.
Versuche, den Platz in ein anderes Licht zu setzen, hat es im Lauf der Jahre immer wieder gegeben. Warum sind Sie diesmal optimistisch?
Breiter: Wir haben die vielen Ideen, die wir zusammen mit der Bürgerschaft, sämtlichen Fachämtern im Rathaus und ganz vielen verschiedenen Initiativen und Akteuren rund um den Stühlinger Kirchplatz erarbeitet haben, erstmals in ein mit der Polizei kommuniziertes Gesamtkonzept gießen können, das nun viel Lob von allen Seiten im Gemeinderat bekommen hat. Darauf bin ich auch etwas stolz und auch optimistisch.
Wie genau gehen Sie diesen neuen Anlauf an?
Breiter: Wir haben, nicht zuletzt durch die Bürger- und Akteursbeteiligung im Vorfeld, eine gute Abwägung treffen können, was aus unserer Sicht sinnvoll für den Platz ist und was nicht. Von manchen Ideen haben wir uns dabei auch verabschiedet. Zum Beispiel von dem Gedanken, dass man den Platz einzäunen und abends abschließen könnte. Das hat der Abwägung aber nicht standgehalten. Wir wollen, dass der Platz wieder für alle Gruppen in der Stadt zugänglich und ein Ort zum Wohlfühlen wird. Offen ist noch die Frage nach einer Messerverbotszone und einer Videoüberwachung. Ein gesundes Maß zwischen Repression und Prävention zu finden ist das, was wir „den Freiburger Weg“ nennen. Nehmen sie nur das Konzept mit den „Nachtmediatoren“ im Seepark. Seit die dort im Einsatz sind, ist die Zahl der Lärmbeschwerden massiv zurückgegangen. Ich war da sehr skeptisch, mittlerweile bin ich ein großer Fan des Konzepts!
Ohne Geld ist so etwas nicht zu machen, wie schaut es mit der Finanzierung des Maßnahmenpaketes aus?
Breiter: Wir haben im kommenden Doppelhaushalt für Sofortmaßnahmen insgesamt rund 670.000 Euro vorgesehen. Dazu kommen noch einmal 140.000 Euro für die Öffnung der Toiletten von montags bis samstags. Und wir schauen auf mittel- und langfristige Maßnahmen. Da das auch bauliche Änderungen betrifft, werden wir den Bebauungsplan anpassen müssen. Interview: Bernd Peters
Zur Person: Stefan Breiter ist im Stadtteil Mooswald geboren und aufgewachsen. In seiner Jugend hat er beim EHC Freiburg Eishockey gespielt, später war er als Eishockey-Schiedsrichter aktiv. Breiters berufliche Laufbahn hat ihn von der Arbeit als Postbote über die Finanzverwaltung bis hin zum persönlichen Referenten des Ex-Ministerpräsidenten Günther Oettinger und dann zurück nach Freiburg geführt, wo er seit 2018 das Dezernat IV leitet und unter anderem für die Themen Finanzen, Sport, Öffentliche Ordnung verantwortlich ist. Breiter ist verheiratet und lebt mit seiner Familie in Freiburg.
Das Interview führte Bernd Peters.